Mittwoch, 26. Januar 2011

100 Jahre Berliner Sixdays




Alle Bilder stammen von den Zürcher Sechstagerennen. Copyright by ROGER GLANZMANN. Von oben: Marcel Barth,die beiden Schweizer Claudio Imhof und Silvain Dillier, Christian Grassman und Leif Lampater und Sven Krauß mit Andreas Müller. Außer Krauß stehen alle in Berlin am Start.


Im Dezember 1908 wurde die Idee „Berliner Sechstagerennen“ geboren. „Rad-Welt“ Chefredakteur Fredy Budzinski saß mit zwei Geschäftsleuten im Restaurant Dressel, damals eine der besten Adressen Berlins, und sie dachten sich dieses Event aus. Im New Yorker Madison wurden bereits seit 1899 Sechstagerennen ausgetragen und Budzinksi war der Meinung, dass Berlin ein perfekter Schauplatz für ein solches Event sein würde. Die heimische Presse betitelte das Rennen nach Bekanntgabe jedoch als „Zirkus des Irrsinns“. Die Berliner Bevölkerung aber kam zur Jubiläumsveranstaltung in Scharen. Als am 15. März 1909 um 22:00 Uhr durch den Radrennfahrer August Lehr der Startschuss ertönte, war die Halle am Zoologischen Garten fast überfüllt. 15 Mannschaften kämpften sechs Tage und sechs Nächte um den Sieg. Am Ende hatten die beiden Amerikaner Jimmy Morant und Floyd MacFarland die Nase vorn und siegten.
Zwei Jahre fanden die Berliner Sixdays in der Austragungshalle am Zoologischen statt, ab 1911 zogen sie in den neu erbauten Berliner Sportpalast. Otto Ziege, einst Sportlicher Leiter der Sixdays, sagte 2010: „Ohne den 1910 eröffneten Sportpalast hätten sich die Sechs Tage von Berlin wahrscheinlich nie zu einem solch tollen Volksfest entwickelt. Der Sportpalast war einzigartig. Berlins größte Kneipe für ganz normale Menschen. Hier fühlte man sich wie eine große Familie. Schade, dass die Zeit vorbei ist“.
Das Radevent war eine der exzessivsten Partys im Kaiserreich und auch heute ist die Stimmung im Velodrome kaum vergleichbar mit ähnlichen Veranstaltungen. Schon immer waren die Berliner Sixdays ein Fest für Jedermann. Die einfachen Leute standen früher in der zweiten Galerie, dem sogenannten Heuboden. Von ihnen ertönten die Pfiffe, mit denen einst dder „Sportpalastwalzer“ populär wurde. Die besser Betuchten dagegen nahmen in einer der zahlreichen Logen Platz. Als gesellschaftliches Erlebnis war das Sechstagerennen schon immer hoch angesehen und in den Goldenen 1920er Jahren fand die Veranstaltung deshalb sogar zwei Mal jährlich statt. Berühmte Sportler, vor allem Boxer wie Schmeling, Scholz oder Klitschko, nahmen die Einladung der Veranstalter gern an und besuchten das Event. Aber auch Berthold Brecht oder Hans Albers folgten den Einladungen der Organisatoren.
6 Tage und 6 Nächste mussten die Sportler am Anfang durchgehend fahren. Geschlafen wurde nur in den kurzen Ruhephasen, und am Ende des Rennens waren die Sportler so kaputt, dass sie regelrecht vom Rad kippten. Wenn während des Rennens die Spannung nachließ, die Fahrer langsamer wurden, meldete sich regelmäßig der Hallensprecher und rief Sonderprämien aus. 10 Dollar, Champagner oder feine Herrenhemden waren gern gesehene Geschenke und auf der Bahn ging wieder die Post ab.
1934 wurde das Sechstagerennen von den Nazis verboten und nach Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 lag der Sportpalast in Trümmern. 1949 fanden auf einer kleinen Bahn in der Sporthalle am Funkturm mit 28 Fahrern die ersten Nachkriegs-Sixdays statt. Nach dem Wiederaufbau des Sportpalasts fand das Spektakel wieder an alter Wirkungsstätte statt, bis 1973 die legendäre Halle endgültig abgerissen wurde. Von 1990 bis 1996 fand kein Sechstagerennen statt. Nach einem Gastspiel in der Berliner Deutschland Halle zogen die Berliner Sixdays 1997 ins neue Velodrome an der Landsberger Allee. Bis heute ist das Berliner Radevent das am meisten Ausgetragene weltweit. 75.000 Besucher finden jährlich den Weg ins Velodrome, um noch immer für eine einzigartige Atmosphäre zu sorgen. Mit zahlreichen Event-Highlights sorgen die Organisatoren dafür, dass Tradition und Zukunft vereint werden. Familienkarten von 40 Euro (egal wie viele Kinder) für den sonntäglichen Familientag, U23-Nachwuchssixdays und ein stimmungsvolles Rahmenprogramm machen die Sechs Tage von Berlin zu einem großen Volksfest.
Für die Jubiläumsverantaltung sind die 250 Meter gewölbte Holzplanken in zweiwöchiger Kleinarbeit geschliffen worden. Acht Weltmeister und sechs Europameister werden am Start der 100. Sixdays sein. „Das beste Starterfeld, das wir je hatten“ erzählt der Sportliche Leiter der Veranstalter, Dieter Stein, mit leuchtenden Augen. Gute Nachrichten hatten die Organisatoren vor Beginn des Radevents zu verkünden. Bis 2017 ist die Finanzierung des Berliner Sechstagerennens gesichert, danach gibt es sogar eine Option bis 2022.

Donnerstag, 20. Januar 2011

In eigener Sache

2005 veröffentliche ich beim Agon Sportverlag den "Reiseführer Tour de France". Da mir in jedem Jahr zahlreiche Menschen währen der Tour de France begegnen, die mit diesem Buch unterwegs sind, habe ich also versucht einen verlag für eine Neulauflage zu gewinnen. Das ist mir gelungen. In Österreich fand ich Egon Theiner und gemeinsam beschlossen wir, für das Frühjahr 2011 eine Neuauflage zu planen. Nun ist es so weit. Das Buch kann vorbestellt werden :-) Ich bin zudem fleißig am arbeiten. Sollte jemand Tipps oder Änderungswünsche haben, dann immer her damit!!

http://www.egoth.at/tdfsite.php

Donnerstag, 13. Januar 2011

Tour Down Under

Die Tour Down Under hat seit der Saison 2008 einen festen Platz im UCI-Pro-Tour-Kalender. Statt findet die TdU aber bereits seit 1999. Sie hat sich stetig entwickelt und ist vor vier Jahren zu recht in die höchste Radsportklasse aufgenommen worden. Seitdem trifft sich jährlich im Januar die Radsportelite in Adelaide. Was einst als Idee der Tourismusbehörde entstanden war, hat sich mittlerweile zum größten Rad-Event Australiens gemausert. Die Organisatoren machen gute Arbeit und die Besucher kommen in jedem Jahr zahlreicher. Auch, weil es viele Veranstaltungen im Bezirk Adelaide gibt, an dem man teilnehmen kann.
Die Strecke der Tour Down Under führt rund um Adelaide an besondern attraktiven Gegenden vorbei. Die Tour Down Under startet mitten im australischen Sommer. Das ist vor allem für europäische Teams großer Anreiz. Viele Fahrer nehmen das Rennen zur Saisonvorbereitung für die Frühjahrsklassiker, das vor allem für die Sprinter sehr interessant ist. Bei der Tour Down Under gibt es kein Zeitfahren oder richtige Beretappen. In diesem jahr erwartet man ein spannendes Duell zwischen Marc Cavendish und André Greipel. Die beiden Top-Sprinter fuhren in der letzten Saison noch im selben Team und treten nun erstmals gegeneinander an. Greipel ist zudem der Vorjahressieger.
Besonders attraktiv ist das Rennen auch für die australischen Profis. Rogers, Evans und Renshaw sind nur einige von Ihnen. Zu Tausenden strömen die Aussies im Sommer nach Frankreich, um ihre Helden anzufeuern. Gerade auch ihrem sympathischen Auftreten ist es zu verdanken, dass die Tour Down Under immer mehr an Attraktivität gewinnt.
Die Tour Doun Under ist ein echtes Cycling-Festival. Jedermann-Rennen für ambitionierte Radler gibt es ebenso wie für Kids, zudem gibt es Shuttlebusse für die Fans, die an die besten Stehplätze der Tagesstrecke gebracht werden. Die Gegend rund um Adelaide gleicht einem riesigen Volksfest zur TdU-Zeit.
Die Gesamtstrecke beträgt 785 Kilometer, dei auf sechs Etappen zurückgelegt werden müssen. In diesem Jahr wird dasd Intersse auch wegen Lance Armstrong sehr hoch sein. begann er 2009 seine zweite Profikarriere in Australien, so wird der Texaner nun seine Karriere eben hier beenden. Es wird sein letztes Profirennen außerhalb der USA sein.
Cadel Evans ist in diesem Jahr nicht am Start, dass hat seine Landsleute sehr traurig gestimmt. Evans möchte seinen ganzen Fokus jedoch auf die Tour de France legen. Und sollte er die gewinnen, dann haben ihm auch die Aussies verziehen :-)
Wer mehr wissen möchte über die Tour Down Under findet weitere Infos unter http://www.tourdownunder.com.au
Leider wird es nicht liev übertragen, so dass Interessierte nur mit dem Internetfernsehen vorlieb nehmen müssen...

Mittwoch, 5. Januar 2011

Als der „Kannibale" über die Pyrenäen flog


Wer meint, dass die Fahrer der Tour de France am Ruhetag faul in der Sonne liegen, der irrt gewaltig. Drei bis vier Stunden lockeres Training, dazu ausgedehnte Massagen und zahlreiche Interviewtermine warten auf die Helden der Straße.
Zeit genug also, um die regionale Tourgeschichte von Pau mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Pau ist ein höchst flexibler Tourgastgeber. Je nachdem aus welcher Richtung das Peloton kommt, sieht man hier packende Sprintankünfte oder verabschiedet die Fahrer in die Berge.
1930 machte die Tour de France zum ersten Mal Halt in der Stadt am Eingang der Pyrenäen. Der Italiener Alfredo Binda sicherte sich damals den Etappensieg. Seitdem stoppte das Peloton 61 weitere Male in Pau und schrieb dabei mehrfach Tourgeschichte (62. Mal 2008).
Unvergessen das Jahr 1980, als der Bretone Bernard Hinault auf der zwölften Etappe sein Gelbes Trikot mühevoll gegen den Niederländer Joop Zoetemelk verteidigte und sich dafür tüchtig feiern ließ. Spät abends verkündete Hinault dann aber völlig überraschend seinen sofortigen Ausstieg aus dem Rennen. Er leide an Kniebeschwerden und könne das Rennen daher nicht fortsetzen, hieß es zur Begründung. Der späte Abgang löste Hektik und Chaos aus. Die Medienvertreter hatten ihre Berichte über die Etappe selbstverständlich längst ihren Arbeitgebern übermittelt, und die Zeitungen waren allerorts in Druck - natürlich mit Hinault in Gelb auf der Titelseite! Nach Hinaults spätem Ausstieg musste nun alles umgeschrieben werden, und im Zeitalter ohne Handy und E-Mail hatten die Journalisten allergrößte Probleme, die Neuigkeiten an die zuständigen Redakteure weiterzuleiten und die Druckmaschinen anzuhalten. Hinault, der sich ohnehin gerne einen Spaß mit den Medien machte, hatte also trotz seines traurigen Tourendes noch etwas zu Lachen.
1991 lenkte dann Urs Zimmermann den Blick auf sich. Wegen seiner Flugangst war der Schweizer von Nantes nach Pau nicht, wie es das Reglement vorsah, geflogen, sondern mit dem Auto gefahren. Nachdem ihn die Rennleitung daraufhin gnadenlos disqualifiziert hatte, zeigte sich das Peloton beim Start in Pau aber solidarisch und verharrte so lange am Zielstrich, bis auch Zimmermann in den Sattel steigen durfte.
Aus deutscher Sicht sind die Jahre 1977 und 1997 in bester Erinnerung, als Didi Thuaru und Erik Zabel in Pau jeweils eine Etappe gewannen.
Tourgeschichte schrieb man aber auch rund 20 Kilometer weiter westlich von Pau in Mourenx. Nachdem dort in den 1950er Jahren größere Gasvorkommen entdeckt worden waren, hatte man das Örtchen Mourenx-Ville-Neuville aus dem Boden gestampft und tausende von nordafrikanischen Arbeitern angesiedelt. Als die Tour de France 1969 erstmals in Mourenx-Ville-Neuville vorbeischaute, verschaffte dies dem recht nüchternen Ort ungewohnte Präsenz in den landesweiten Medien. Grund war Tourneuling Eddy Merckx, der am 15. Juli 1969 regelrecht über die Pyrenäengipfel flog und mit acht Minuten Vorsprung in Mourenx-Ville-Neuville über den Zielstrich radelte. Seinen Verfolgern Raymond Poulidor und Roger Pingeon blieb nur das Staunen und die Erkenntnis, dass die Tour 1969 angesichts von 16 Minuten Vorsprung für Merckx wohl einen vorzeitigen Sieger gefunden hatte. Die Stadtväter von Mourenx aber waren hellauf begeistert. Merckx Husarenritt hatte ihre triste Industriegemeinde endlich einmal in die Positivschlagzeilen gehievt.
Dreißig Jahre später bedankte sich der Ort auf angemessene Art und Weise bei der belgischen Radsportlegende. Ein neu erbautes Velodrom erhielt damals den Namen „Velodrome Eddy Merckx“ und wurde selbstverständlich mit einer Tour-de-France-Etappe eingeweiht. Am 22. Juli 1999 startete das Peloton von Mourenx-Ville-Neuville aus in Richtung Bordeaux. Ehrengast war natürlich der belgische „Kannibale“, dem man in Mourenx-Ville-Neuville so viel verdankt. Heute ist das Radstadion regelmäßig Schauplatz regionaler Rennen und lockt zudem zahlreiche Eddy-Merckx-Fans an.