Bei der Tour de France 1960 war erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg eine rein deutsche Mannschaft am Start. Acht Rennfahrer kämpften mit den Strapazen der Frankreichrundfahrt, Hennes Junkermann wurde am Ende sogar Vierter.
Zwar hatten auch in den Jahren zuvor deutsche Fahrer an der Tour teilgenommen, aber stets in internationalen Teams. Bis zur Aufstellung der deutschen Mannschaft war es ein langer Weg. Interne Verbandsquerelen machten die Nominierung eines sportlichen Leiters schließlich zur Chefsache. Hennes Junkermann, Profi seit 1955 und ernannter Teamkapitän, sprach sich deutlich für Peter Kanters als Trainer aus, einen Radrennveranstalter, der vor allem 6-Tage-Rennen organisierte. Junkermann nahm 1960 zum ersten Mal an der Tour de France teil. Seine Teamgefährten waren: Franz Reitz, als Kletterkünstler auch „Berggeist“ genannt, Hans Jaroszewicz, der auf Flachetappen als „Schrittmacher“ fungieren sollte, sowie Willy Altig, Manfred Donike, Lothar Friedrich, Emil Reinecke und Horst Tüller.
In den ersten Tour-Tagen hinterließ das deutsche Team gleich einen guten Eindruck, wurde aber auf der 3. Etappe vom Pech ereilt: Friedrich hatte einen Defekt und fiel zurück, Reitz stürzte nach 19 Kilometern und büßte ebenfalls Zeit ein. Dafür trumpfte Hans Jaroszewicz auf – er beendete die Etappe als Sechster.
Am vierten Tag machte sich bei Willy Altig Erschöpfung bemerkbar: Erst in allerletzter Sekunde kam er ins Ziel gefahren und wäre beinahe aus dem Zeitlimit gefallen. Auch am nächsten Tag kämpfte sich Altig müde und von Stürzen sowie Defekten geplagt durch die Etappe. Nur die „Pechvogelprämie“ von 425 Mark, die er von der Tour-Organisation erhielt, tröstete ihn etwas. Am sechsten Tag ging dann nichts mehr bei Willy Altig, er stieg erschöpft in den Besenwagen.
Seine Teamkollegen schlugen sich weiterhin bravourös und wurden mit Komplimenten überschüttet. Auch Junkermann, dem sogar der Gesamtsieg zugetraut wurde, kam immer mehr in Fahrt, ihn hatte das Tourfieber voll gepackt. „Die ganze Atmosphäre gefällt mir sehr gut. Das Rennen ist viel spannender und nervöser als in Spanien oder Italien. Man muss auf der Hut sein. Auch als Fahrer ist diese Tour für mich ein unerhörtes Erlebnis.“
Die Berge wurden für die Bahnradfahrer Donike und Jaroszewicz schwer – sie kamen auf der 11. Etappe erst nach Kontrollschluss ins Ziel und mussten die Tour beenden. Reitz und Friedrich dagegen waren als wichtigste Helfer für Junkermann immer an der Seite ihres Kapitäns und wurden für ihre Unterstützerdienste einmal sogar verwarnt: 4,25 Mark Geldbuße wegen Schiebens…
Vor der 12. Etappe musste sich Junkermann von verschiedener Seite Kritik anhören: Sein Fahrstil sei zu defensiv, und auch Kollege Franz Reitz forderte seinen Kapitän auf: „Du musst mehr angreifen, mehr nach vorne fahren!“ Ein postwendender Angriff Junkermanns am zwölften Tag brachte jedoch keinen Erfolg.
Am 16. Tag ereilte auch Junkermann ein technisches Missgeschick. Vor dem Start stellte er fest, dass sein Lenker defekt war, ein Reserverad musste her. Das aber war nicht auf Junkermann eingestellt, und so fuhr er die Etappe durchgehend auf einem „falschen“ Rad.
Am Ende schafften es Junkermann, Friedrich und Reinecke bis nach Paris. Hennes Junkermann wurde sogar sensationell Vierter im Gesamtklassement. Peter Kanters äußerte nach der Tour: „Es war eine Freude, meine Fahrer zu leiten. Probleme gab es keine. Es wurde von allen am Anfang beschlossen, dass alle Preise brüderlich geteilt werden, so hat sich jeder nach bestem Können eingesetzt.“
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