Mittwoch, 13. Juli 2011
Campen am Berg
Um die Helden in den Bergen aus der ersten Reihe zu sehen kommen viele Tourfans schon Tage vorher und schlagen ihr Zelt auf.
Laurent und seine beiden Freunde sind schon vor drei Tagen angereist. Abends kurz bevor die Dunkelheit hereinbrach hatte sie ein freundlicher Polizist auf den provisorischen Campingplatz gewunken. „Wir machen das in jedem Jahr“ lacht Laurent „das gehört für uns zum Sommer dazu“.
Natürlich ist es kein regulärer Campingplatz. Es ist eine Wiese, die man irgendwie befahren kann, und es zur Touretappe toleriert wird, wenn man sich ein wenig niederlässt. Es gibt selten fließend Wasser, keine Toiletten, kein Strom dafür aber einen netten Platz in Schieflage.
Für ein Unternehmen wie dieses muss man schon relativ gut vorbereitet sein und vor allem muss man auf jeglichen Komfort verzichten können.
Laurent hat sein Auto neben den Basken geparkt. „Da ist heute Abend sicherlich gute Stimmung“ verrät er. Gleich gegenüber haben sich die Norweger eingerichtet, die am Tourtag gleich eine ganze Bergkurve besetzen wollen, wie Laurent schon in Erfahrung gebracht hat.
Sprachprobleme gibt es keine. Es regiert ein Kauderwelsch verschiedener Sprachen, und wer gar nicht weiter weiß, der nimmt Hände und Füße zur Hilfe. Hier wird sich ohne große Worte verstanden.
An dieser Stelle sucht man nicht lange für einen geeigneten Platz für sein Zelt, den bekommt man sowieso nicht. Man stellt sich hin, wo Platz ist, auch wenn man bei der extremen Schieflage kein Auge zubekommt. Auf dem Berg muss man auf alles vorbereitet sein. „Das Wetter kann sich hier schnell ändern“ erzählt Laurent „ich hab immer meine dicke Decke dabei“. Und da es auf über 2000 Metern auch Nachts noch gerne feucht wird, kriecht die Kälte bis in die Zehenspitzen.
Zu gerne wird dann ein Feuer gemacht, an dem sich jeder niederlassen kann. Kommen jedoch die Gendarmen nachts auf ihrer Patrouille vorbei, dann gibt es Ärger, denn offenes Feuer ist grundsätzlich verboten. Laurent hat einen Einweggrill dabei,„Da wird einem auch warm“ teilt er gerne seine Erfahrung mit.
Abends wird es dennoch grundsätzlich gemütlich, ob es warm oder kalt ist, trocken oder nass. Musik hallt aus zahlreichen Autos und überall kann man sich dazu gesellen. Kein Trinkgelage, sondern die Atmosphäre gleicht einem großen europäischen Volksfest. Das Thema, dass die Gespräche dominiert ist klar: Die Favoriten der Tour, Ereignisse vergangener Touren und eigene Erlebnisse bei der Tour. Das Repertoire scheint unendlich.
Richtig ruhig wird es meistens nur im Morgengrauen, wenn die letzten im Bett sind. Die ersten werden bald aufstehen, geweckt von den ersten Sonnenstrahlen des Tages.
Einige pfiffige Einheimische haben die Marktlücke der Campingwiese erkannt und verkaufen aus ihren PKWs heraus mehrmals am Tag Getränke und Baguette. Der Service wird dankend angenommen. Und in diesem Jahr hat sogar jemand einen Grill aufgebaut und verkauft am Tourtag Bratwürste.
Am Abend vor der Tour ist es obligatorisch, den Berg hinauf zu wandern und sich einen Überblick zu verschaffen. Denn wenn man am Berg gecampt hat, dann geht man am Tourtag früh morgens los und setzt sich an die Strecke. Man möchte man alles mitbekommen, was sich tut.
Ist das Peloton vorbeigezogen, die Pressefahrzeuge wieder hinunter gefahren, dann beginnt ein letzter Abend auf der Wiese. Viele bleiben noch eine Nacht und ruhen sich von dem anstrengenden Tag aus. Immerhin gibt es gerade heute viel auszutauschen. Auch Laurent und seine Freunde bleiben noch. Sie kommen aus der Nähe von Bayonne und werden erst am nächsten Tag den Heimweg antreten. „Natürlich verfolge ich die Tour weiter. Aber zu Hause“ sagt er und scheint darüber nicht traurig zu sein. Denn Camping am Berg ist anstrengend – ein Abenteuerurlaub der anderen Art.
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