Montag, 4. Juli 2011

Radsport in der Bretagne

Radsport in der Bretagne. Das ist Leidenschaft, Emotion und pure Begeisterung. Aber damit noch nicht genug: Die Bretonen stehen nicht nur voller Dynamik am Straßenrand, sondern sie radeln auch selber viel.

Meist kommt der Wind von vorne, es geht auf und ab und häufig kommt auch noch Regen dazu. Den zähen und kampfstarken Bretonen macht das nichts. Im Gegenteil, es scheint sie regelmäßig zu beflügeln, sportliche Höchstleistungen zu vollbringen.
Den Anfang machte 1891 das Langestreckenrennen Paris-Brest-Paris, das immer eher den Amateuren vorbehalten war. In höchstens 90 Stunden muss man es geschafft haben, die knapp 1.200 Kilometer von Paris nach Brest und Retour zurückzulegen. Viel Zeit für Schlaf oder Nahrungsaufnahme bleibt da nicht. Dankbar ist man dann über jegliche Unterstützung. Und darin sind die Bretonen Weltklasse. In den kleinsten Gemeinden versammeln sich Menschen, um die heldenhaften Fahrer anzufeuern oder sie mit Getränken zu versorgen – auch mitten in der Nacht. Zahlreiche Bewohner fiebern dem alle vier Jahre (auch 2011) stattfindenden Event entgegen, andere trainieren in der Zwischenzeit für ihre eigene Teilnahme. Achille Joinard, ehemaliger FFC-Präsident, fasste die Begeisterung einmal kurz und knapp zusammen: „Das Fahrrad ist ein Kind der Bretagne“.
Bei soviel Begeisterung ist es nicht verwunderlich, dass die Tour de France schon 1905 das erste Mal zu Besuch in die Bretagne kam. Rennes war der Gastgeber und Louis Trousselier wurde der erste Etappensieger in der Bretagne. Brest feierte dann 1906 seine Tourpremiere und beeindruckte die Organisatoren dabei so sehr, dass die Stadt bis 1931 regelmäßig im Tourverlauf zu finden war. Über 120 bretonische Städte waren in über 100 Tourjahren Gastgeber. So viele, wie sonst nur in den Pyrenäen- oder Alpenregionen.
Nicht verwunderlich, dass die Region auch zahlreiche bemerkenswerte Radsportler hervorgebracht hat. Lucien Petit-Breton aus der Nähe von Nantes war 1907 und 1908 der erste Zweifachsieger der Tour der France.
Ihm folgten Jean Robic 1947, der allseits umjubelte Louison Bobet 1953-1955 und Bernard Hinault 1978, 1979, 1981, 1982, 1985. Die Bretagne stellt damit 30% der französischen Toursieger! Nicht vergessen darf man allerdings René Le Grevès (Tourteilnahmen zwischen 1933 und 1939), der nach Hinault mit 16 Etappensiegen der zweitbeste bretonische Etappenjäger ist. Ronan Penzec war 1990 der letzte Bretone, der sich das Gelbe Trikot überstreifen konnte.
Radsportfans haben mehrmals im Jahr die Möglichkeit, spannende Rennen zu besuchen. Die „Tour de Bretagne“ ist ein mehrtägiges Etappenrennen und der „Grand Prix de Plumelec“ beispielsweise zieht jedes Jahr Hunderte Fans an die Strecke. Radsport überall, von Frühjahr bis Herbst.
Im Jahr 2000 richtete der überschaubare Ort Plouay, nördlich von Lorient, die Weltmeisterschaften aus. Heute kann jeder sportlich Begeisterte die original WM-Route nachfahren. Eine perfekte Beschilderung weist auch auswärtigen Besuchern den Weg. Aber Plouay steht das ganze Jahr über voll im Zeichen des Radsports. Ein relativ neues Velodrome und der Veloparc ziehen Sportler aus der ganzen Region an. Im Veloparc finden sich verschiedene Routen für Moutainbiker, sowie ein hochgelobtes Radmuseum. Die Tour de France schaute auch schon mal vorbei. 1998 und 2004 war man Etappenort.
Aktuell ist das Team „Bretagne Schuller“ die regionale Vertretung als Professional Continental Team. Joël Blevin, Emmanuel Hubert und Roger Trehin sind die Radsportverrückten Manager des Teams, das seit ihrem Bestehen 2005 schon einige Erfolge gefeiert hat. Die Vorsitzenden möchten jungen Radsportlern der Bretagne ein Sprungbrett für den Profisport bieten.
Gut 350 Kilometer zieht der Tourtross in diesem Jahr durch die Bretagne und man kann sicher sein, das die Begrüßung und die Euphorie in jedem Ort brillant sein wird und sicherlich werden sich die bretonischen Fahrer viel Mühe geben um vor heimischer Kulisse einen Etappensieg zu holen.

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