Dienstag, 12. Juli 2011
Ein Bauer auf Abwegen
In Suech, einer kleinen Ortschaft nördlich von Albi, hat man sich für die heutige Etappe etwas ganz besonderes ausgedacht. Albert Ladron, im Erwerbsberuf Milch- und Getreidebauer, wird allerdings schon ein wenig mulmig zu Mute, wenn er an das denkt, was er da vor sich hat.
Doch zuvor ein Rückblick. Die Tour de France kommt in dieser Region eigentlich in jedem Sommer zu Besuch. Sie gehört einfach zum Leben und ebenso gehört es sich für die Einwohner, der Tour ihren Respekt zu zollen und sich an die Strecke zu begeben. Dort wird dann stets ein großes „Picnique“ veranstaltet.
Das fällt für Albert Ladron und seine Freunde in diesem Jahr allerdings etwas ungewöhnlich aus: Die Männer aus der Gegend von Suech werden die gut 15 Kilometer bis zur Tourstrecke nämlich zu Fuß zurücklegen – müssen.
„Wie das anfing weiß ich gar nicht mehr richtig“, schüttelt Ladron zögernd den Kopf. „Ich glaube, das war im letzten Jahr bei der Tour.“ Da waren die Eheleute Ladron mit einigen Freunden zur Strecke gepilgert und hatten sich einen schönen Nachmittag gemacht. Und wie es so ist - Männer und Frauen amüsierten sich gemeinsam, doch es waren die Frauen, die ihre Männer anschließend wieder nach Hause chauffierten. Wie immer bei solch einem gemütlichen Beisammensein war nämlich mehr Wein geflossen, als für die Männer gut war.
„Unsere Frauen streiken in diesem Jahr“, fasst Albert kleinlaut die Konsequenzen aus dem Vorjahr zusammen. Da half noch so viel betteln und bitten nichts. Die Frauen blieben standhaft. Sollten ihre Männer doch sehen, wie sie zur Tour kommen!
„Da sind wir natürlich auch irgendwann stur geworden“, grinst der Bauer verschmitzt. „Wir haben uns zusammen gesetzt und überlegt, wie wir denn nun zur Tour kommen können“. Das Rennen einfach ausfallen zu lassen, kam für die Fans natürlich nicht in Frage. „ Erst haben wir überlegt, ob wir einfach mit dem Taxi fahren. Aber dann wurde es eine lustige Runde, und wir haben entschieden, dass wir zu Fuß gehen werden.“ Ein Schelm, wer beim Entscheidungsfindungsprozess abermals zu viel Wein vermutet.
In den Tagen vor der Tour wuchs bei Albert Ladron und seinen Freunde der Respekt vor ihrem Vorhaben. Die Landschaft rund um Suech ist nämlich durchaus hügelich. Von Landwirtschaft und großen Gehöften geprägt, lädt die schöne Gegend aber zugleich ein, um ausgedehnte Wanderungen zu unternehmen. Nur gut vorbereitet sein muss man. Und das sind die stolzen Pilgerer, die sich vorher ordentlich mit Verpflegung versorgt haben. Die Nahrung weist allerdings überwiegend eine flüssige Konsistenz auf.
„Wir gehen morgens um sieben Uhr los. Wir wollen dem Fluß Ceret folgen, und dann kurz vor Carneaux auf die Strecke der Tour treffen.“ Stühle und Tische werden sie mitnehmen, unter dem Arm geklemmt. Und die Kühltruhe darf natürlich auch nicht fehlen. „Aber die wird ja unterwegs leichter werden“, schmunzelt Ladron. Trotzdem dürften die fünf Herren ordentlich zu schleppen haben.
Zum Ende des Gespächs gibt Bauer Ladron dann etwas kleinlaut noch eine Einschränkung preis. Die Damen werden nämlich mit dem Auto vorfahren, um für alle gute Plätze zu sichern. Vor allem aber, um ihre nach 15 Kilometer Wanderschaft müden Männer mit selbstgemachten Leckereien zu empfangen. Einem gemütlichen Picknick steht also auch in diesem Jahr nichts im Wege. Und natürlich werden die Frauen ihre Männer auch in diesem Jahr hinterher wieder nach Hause kutschieren. „Das war doch schon immer so“, grinst Albert Ladron.
So kommen sie am Ende alle zu ihrem Recht. Vor allem aber wird der Spaß wieder im Vordergrund stehen. So ist bei den lustigen Bauern von Suech, bei denen die Tour alljährlich vorbeischaut.
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